Begehung des Kreuzweges
Horst Miekisch vom Historischen Verein Bamberg (HVB) stellt bei einer Begehung Schülern des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums den Bamberger Kreuzweg und die Geschichte der Kreuzweg-Andachten vor:
Der Begriff „Kreuzweg“ wird im Warendorfer Gebetbuch von 1795 treffend definiert: „Diese Andacht heißt ‚Kreuzweg', weil sie uns den Weg vorstellet, den der leidende Heiland von dem Gerichtshofe des Pilatus nach der Schädelstätte mit seinem Kreuze gemacht hat. Sie besteht aus 14 Stationen oder Stillständen, weil wir auf diesem Leidenswege Jesu an 14 Orten mit unsern Gedanken stehenbleiben und das, was all dar geschehen ist und uns in einem Bild vorgestellt wird, betrachten.“
Der Historiker StD a. D. Horst Miekisch erklärt zwei Schülerinnen Details des Bamberger Kreuzweges.

Historisches
Seit dem 4. Jahrhundert machten sich viele Pilger auf die Reise nach Jerusalem, nachdem die Gemahlin des Kaiser Constantin dort ein Bruchstück des Kreuzes Jesu gefunden hatte. 1070 wird im Ezzolied erwähnt, wie der Bamberger Bischof Gunther mit Gefolgschaft nach Jerusalem aufbrach. Die Blütezeit der Pilgerfahrten in die heilige Stadt war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in der unter anderem Mitglieder der Familie Tucher aus Nürnberg sich auf den Weg nach Jerusalem machten.
Eine solche Reise war mit vielen Gefahren verbunden, weshalb sie nur in Gruppen von 100-300 Mann bewältigt werden konnte, da eine Abneigung gegenüber den dort lebenden Muslimen und umgekehrt bestand. Zum Aufenthalt in Jerusalem gehörte in der damaligen Zeit ein Besuch des Heiligen Grabes, wo für die Vergebung aller Sünden gebetet wurde. In mehreren deutschen Städten, wie z. B. Eichstätt und Görlitz, errichtete man Nachbauten von diesem, was als Vorläufer des Kreuzweges verstanden werden kann.
So kam es im 7. Jahrhundert auch auf, die Schrittlängen zwischen den Stationen des Leidensweges Jesu vor Ort abzumessen und danach Kopien zur Veranschaulichung in der Heimat zu erbauen, wobei die Anzahl der Stationen zwischen zwei und 43 schwankten und erst mit Einführung der heiligen Zahl sieben eindeutig festgelegt wurde.
Heinrich Marschalk von Rauheneck, ein Administrialbeamter, beschritt die „Via Dolorosa“ mit der Absicht, ebenfalls der Kirche in Bamberg einen Kreuzweg zu stiften. Eine diesbezügliche Messstiftung fand am 27. Juli 1500 statt. So entstand in einer von Adam Kraft unabhängigen Werkstatt das älteste, vollständig erhaltene Stationen-Ensemble in Deutschland, das auch den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs entging. Der Kreuzweg verläuft vom Spital St. Elisabeth ausgehend nach St. Getreu hinauf, wo es unter Umständen im Hochmittelalter eine Heilig-Grab-Verehrung gab. Die Stationen, Sandsteinreliefs, wurden 1503 vollendet und ungefähr der Länge des Weges vom Statthalterpalast in Jerusalem zum Kalvarienberg und zum Grabe Christi entsprechend angeordnet. Interessant sind die vielen kompositionellen Parallelen zu dem von Adam Kraft geschaffenen Kreuzweg in Nürnberg. Zwar tragen die Relieffiguren dort modernere Kleidung, aber anhand eines Briefes aus dem Jahre 1493 ließ sich beweisen, dass der Nürnberger Kreuzweg der ältere beiden ist. Deshalb kann man annehmen, dass das Nürnberger Exemplar als Vorbild für Bamberg fungierte.

(c) 2003 Christian Hambrecht und Sebastian Pfeuffer
Horst Miekisch beendet seine Führung im Schatten der Linde vor der Kirche St. Getreu
Kurzbeschreibung und Fotos der einzelnen Stationen:
1. Station: Jesus lädt das Kreuz auf seine Schultern
2. Station: Jesus begegnet seiner Mutter
3. Station: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen
4. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen von Jerusalem
5. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch
6. Station: Jesus fällt unter der Last des Kreuzes zu Boden
Stationen in St. Getreu:
7. Station: Jesus wird gekreuzigt
8. Station: Jesus wird beweint
9. Station: Jesus wird ins Grab gelegt

Literatur:
BAUMGÄRTEL-FLEISCHMANN, R.: Bamberger Plastik von 1470 bis 1520. In: 104. Bericht des Historischen vereins für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg. Bamberg, 1968; S. 8-353.
ZITTLAU, R.: Heiliggrabkapelle und Kreuzweg. Eine Bauaufgabe in Nürnberg um 1500. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg, herausgegeben von Michael Diefenbacher, Rudolf Endres und Gerhard Hirschmann; Band 49. Nürnberg, 1992.
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