Judenstraße 8 + 10
Haus zum Crametsvogel (Bamberg, Judenstraße 8)
Haus zu der Lattern (Judenstraße 10)
Haus zur Leiter (Judenstraße 10)
Haus zur Eisgrube (Judenstraße 10)
Judenstraße 10 (links) und 8 (rechts, mit Portal). Nach Judenstraße 10 ist die Judenstraße durch die Einmündung der Eisgrube unterbrochen. Früher mündete hier ein Bach, der aber schon seit Jahrhunderten verdolt (überdeckt) ist.

Hausnummer im 19. Jahrhundert: Nr. 1473 bzw. 1474

Hausname:
Nr. 8:   Haus zum Crametsvogel   
Nr. 10:
   1423: Haus zu der Lattern (= Haus zur Leiter)  
   Pfründehaus der Vierten St. Stephaner Tagmesse
   1597: Haus zur Mordersgrub
   Pfründehaus der St. Stephaner Vikarie St. Andreas
   Haus zur Eisgrube

Baubeginn: vor 1376

Baubeschreibung:

Die beiden Häuser (Judenstr. Nr. 8+10) entstanden aus ursprünlich sechs, später vier einzelnen Anwesen (a, b, c, d) und wurden zu einer optischen Einheit zusammengefasst.

Judenstraße 8
   Traufständiges Wohnhaus zu acht Achsen mit einem Satteldach und Segmentbiberschwanz-Deckung
   Das Gebäude besteht aus dem Wohnhaus und zwei Seitenflügeln.
   Die Seitenflügel umschließen einen Hof.
   Fassade wird durch Ecklisenen zusammengefasst und durch Gurtbänder geteilt.
   Der zweiteilige Keller hat im Süden eine Längstonnenumfassung aus Backsteinen.
   Der nördliche Keller hat ein unsymmetrisches vierjochiges Kreuzgratgewölbe.
   In den mittleren Achsen liegt eine korbbogige Einfahrt mit unprofilierter Einfassung und Schlussstein.
   Die Felder des zweiflügeligen Tors sind geschweift und mit Schnitzereien geschmückt; in der Mitte des Tores wurde eine Fußgängerpforte ausgespart.
   Teile der Toreinfassung wurden nach der Restauration durch Christian oder Jean Weghorn erneuert.
Toreinfahrt zu Judenstraße 8
Oberlicht der Toreinfahrt von Judenstraße 8

   An der Seite des Hofes gehen der Hauptbau und der südliche Seitenbau (ehemalige Kemenate) ineinander über.
   Die Kemenate ist dreigeschossig und dreiachsig mit einem Pultdach, das in Richtung Hof abfällt.
   Der Bau hat ein dreiläufiges, rechtwinkliges Treppenhaus mit Wendepodesten.
   Teile eines liegenden Dachstuhls sind erkennbar.

Judenstraße 10
   Dreigeschössiger Bau von drei zu drei Achsen
   Die Geschosse werden von breiten Ecklisenen zusammengefasst.
   Die zwei Fassaden (eine zur Eisgrube, eine zur Judenstrasse) werden durch Gurtgesimse geteilt und haben ein reich profiliertes Traufgesims.
   Die Fenster sind stichbogig, sonst waagrecht geschlossen und haben geohrte und faszierte Einfassungen mit Schlusssteinen.
   Unter dem Haus liegt ein Keller, der auch von der Judenstraße 8 zugänglich ist und der sich nach Westen fortsetzt.
   An das Haus schließt sich zur Westseite ein Bau mit fünf Obergeschoßachsen und einem Pultdach an.

Letzte Restaurierung: 1991

Hauszeichen:
Leiter an der Judenstraße 10

Heutige Nutzung:
Studentenwohnheim

Frühere Nutzung:
Braustube, Gasthaus, Büttnerei, Wohnhaus

Baugeschichte:
1376: Judenstraße 8 wird erstmals erwähnt.
1418: Das Anwesen ist im Besitz der Münzmeister, die auch die Judenstraße 12 gegenüber innehatten.
1423: Judenstraße 10 wird als "Haus zu der Lattern" (Lattern: fränkisch für Leiter) zum ersten Mal erwähnt.
1594: Judenstraße 8 wird als "Haus mit einer steinernen Kemenate" beizeichnet.
1597: Das Haus am Eingang der Eisgrube - neben dem Haus zur Leiter gelegen - wird "die Mordersgrub" genannt.  
1631: Das Haus Judenstraße 8  wird erstmals "Haus zum Crametsvogel" genannt. [Anm.: Crametsvogel = Krammetsvogel = Wacholderdrossel]
1649: Das Haus wird nach den dreißigjährigen Krieg als "sehr ruiniert" bezeichnet; die Kemenate war zerstört und wurde neu gebaut.
1687: Judenstraße 8: Prozess gegen den Besitzer des Hinterhauses, weil er gegen die Rechte beim Bierbrauen verstieß.
1754: Johann Melchior Hanauer besaß das Haus. Später wurde er durch seine Sammlung Bamberger Landrechts bekannt.
1823: Vereinigung von Judenstraße 8 und 10 zu einer Einheit.
1834: Martin Burkhard, der im "Haus zur der Lattern" (Judenstrasse 10) Braumeister war, kaufte das Haus Nr. 8 auf.
1876: Die Gaststube im Haus zur Leiter wurde erweitert bis in das Haus zum Crametsvogel.
1908: Ein Laden wird in der Judenstrasse 8 eingerichtet.
1920: Das Brauhaus wurde zu einem Wohnhaus umfunktioniert.
1991: Sanierung des Anwesens; Einweihung des Studentenwohnheims

Bewohner:
Judenstraße 8:
   1376: Hermann Sampach
   1418: Besitz der Münzmeister
   1614: Eigentum des Gastwirtes Bartel Grombart
   1754: Besitz von Johann Melchior Hanauer
   1781: Besitz des Wirklichen Hofrates Johann Philipp Joseph von Overkamp
   1807: Freiherr Karl Theodor Ernst von Redwitz ersteigert das Haus um 10.000 Gulden.
   1834: Martin Burkhard, Braumeister zur "Himmelsleiter" im Haus zur Leiter (Judenstraße 10) ist Besitzer.

Judenstraße 10; Eckhaus Judenstraße/Eisgrube:
   Verkauf an das Stift St. Stephan; bis zum Dreißigjährigen Krieg Vikarierhaus auf dem St. Kiliansaltar zu St. Stephan.
   1630: Zerstörung; Verkauf an den Zimmermeister Nikolas Röhrer um 65 Gulden.
   1695: Verkauf für 200 Reichstaler an den Büttner Endres Marold; Nutzung als Büttnerei.

Judenstraße 10; Mittelteil des in der Eisgrube befindlichen Hausflügels:
   1423: Besitz der Müntzer
   1519: Pfründhaus der vierten Tagmesse zu St. Stephan
   1597: Verkauf an den Büttner Endres Hofmann

Besonderes:
Die ursprünglich 4 Häuser verschmolzen im Laufe der Zeit zu einem Anwesen, allerdings immer noch mit verschiedenen Hausnamen und Adressen.

(Zusammenfassung: Jirka Lewandowski)

Quelle:
BREUER, T. u. GUTBIER, R.: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Bürgerliche Bergstadt. 2 Halbbände. Bamberg: Bayer. Verlagsanstalt, 1997; S. 868-876.
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